Für die Ausgabe 1/2022 des Eltern-Magazins "Unerzogen" durfte ich einen Artikel zur Kommunikation mit Babys schreiben. Darin erfahrt Ihr mehr über die reflexbasierten Dunstan Bedürfnislaute, die alle Neugeborenen in den ersten Lebensmonaten verwenden, als auch über die spielerische Kommunikation mit Hilfe von Babyzeichen und Gebärden für Kinder zwischen einem halben Jahr bis ins Kindergartenalter hinein.
Er heißt "Zeig´s mir! - durch Handzeichen mit dem Baby sprechen".
Ihr findet das aktuelle Heft online hier:
https://www.unerzogen-magazin.de/artikel/?articleID=897
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Außerdem ist für Schwangere ein spannender Bericht zum Thema Haptonomie - „Kommunikation mit dem Ungeborenen“ drinnen, für ältere Kids ein weiterer zur "Kommunikation als Werkzeug beim Lernen" und vieles mehr. Viel Spaß beim Lesen!
Autorin: Vivian König, Zwergensprache Gründerin und Ausbilderin, Länderleitung Deutschland, Autorin, Leipzig, lizenzierte Dunstan Babysprache Ausbilderin und Länderleiterin für D, AT und CH der Dunstan PTY Ltd. Australien
„Wenn Menschen nach einem Schlaganfall nicht mehr richtig oder gar nicht mehr sprechen können, ist es viel zu belastend und frustrierend und auch zu spät, die Gebärdensprache zu erlernen.
Ich denke mir, dass dafür die Zwergensprache optimal wäre. … Bitte melden Sie sich bei mir.“
Diese Worte schrieb mir die 76-jährige Frau K. im Juni letzten Jahres.
Ich war erst mal skeptisch, zumal sich die ältere Dame einen Online-Kurs zunächst nicht vorstellen konnte.
Unser erstes Telefonat war lang und intensiv und brachte die Lösung, dass wir uns wöchentlich über Skype treffen werden.
Es war ein Ausprobieren und Herantasten. Und ziemlich bald der Beginn einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte in kleinen Wundern. Wie ich finde.
Frau K. erzählte mir, dass sie bereits im Jahr 2008 (!) durch einen Zeitungsartikel auf die Zwergensprache aufmerksam geworden war.
Seit 2010 hat Frau K. Wortfindungsstörungen. Diese sind wohl die Folge einer Chemotherapie. Menschen mit einer Aphasie haben Probleme, das “passende Wort” zu finden und in einen sinnvollen Zusammenhang zu setzen. Frau K. beschreibt es auch so: „Ich weiß, an was ich denke. Aber wenn ich das Wort sagen will, fällt es mir nicht ein und ich kann es einfach nicht aussprechen.“
2017 hatte sie dann einen Schlaganfall (linkshämisphärisch). In der Zeit danach machten sich die Wortfindungsstörungen noch stärker bemerkbar.
Vor wenigen Jahren erfuhr sie von beginnendem Alzheimer. Seit 2019 erhält sie Unterstützung durch das Betreute Wohnen, u.a. in administrativen Bereichen. Denn es war schwer bis unmöglich für Frau K., Briefe zu formulieren. Ihr Selbstwertgefühl litt sehr darunter. Die Angst davor, ihre Selbstbestimmung, ihr Erinnerungsvermögen und die Sprache zu verlieren, ließen sie im Sommer 2022 schließlich Kontakt zu mir aufnehmen. Sie wollte diese einfache Form der Zeichensprache erlernen, bevor sie erneut einen Schlaganfall erleiden oder ihr Gedächtnis langsam erlöschen würde.
Wir arbeiten in sehr kleinen Schritten und Zeiteinheiten. Für Frau K. ist das Höchstleistung.
Ich erzählte ihr, was im Gehirn passiert, wenn wir sprachbegleitend Handzeichen machen. Das Konzept der Zwergensprache zielt ja u.a. auf die Vernetzung der beiden Gehirnhälften ab. Je mehr Sinnesreize stimuliert werden, je mehr Sinneskanäle angesprochen werden, desto mehr Speicherplätze im Gehirn werden in den einzelnen Gehirnregionen aktiviert und miteinander vernetzt. Das ist ganzheitliches und gehirnfreundliches Lernen.
Fr. K. hat irgendwann angefangen, den Tag mit den einfachen Handzeichen zu beginnen, die zu ihrem Frühstück passen (mit Klebezetteln auf dem Tisch für „Essen“ und „Trinken“). Sie beschreibt das so: „Und es funktioniert immer besser, meine zwei Hirnhälften morgens zu verknüpfen - das Gefühl zu haben, dass ich sie geweckt habe, gibt mir Sicherheit für den Tag, dass wenn mir ein Wort nicht einfällt, ich einfach sofort mit den Händen vor meinem Gesicht ,rumfuchtle’ und es meinem Gegenüber sagen kann.“
Fast in jeder Stunde berichtet sie mir von neuen Erfolgserlebnissen, weil sie durch das „Rumgefuchtel“ (wie sie es nennt :-)) einem anderen Menschen mitteilen kann, was sie sagen will.
Das Gestikulieren ist uns Menschen immanent und hilft ihr gerade auch in stressigen Situationen, wieder einen Fokus zu finden und dann das Wort formulieren zu können.
Oft erlebe ich sie zu Beginn der Stunde erschöpft, entmutigt oder etwas durcheinander – und immer motiviert mit mir zu arbeiten. Im Lauf der Stunde verändert sich ihr Gemütszustand zusehends. Am Ende ist sie oft sehr glücklich und wir beide auch sehr berührt, denn es ist wirklich wunder-voll Worte zu finden und Leichtigkeit zu erleben. Wir alle wollen gesehen und verstanden sein. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis, wofür wir Menschen einander uns wirklich brauchen.
Frau K. hat seit dem Sommer viele Erfolgserlebnisse im Zusammenhang mit ihrer Sprache und den Handzeichen erlebt, das gibt ihr ein gutes Gefühl. Und wirkt weit über die Sprache hinaus in andere Lebensbereiche. „Ich sauge das Positive richtig in mich auf. Die Zukunft kann kommen!“
Diese Erfahrungen zeigen, dass Gebärdensprache mit einfachen Handzeichen im geriatrischen Bereich sicherlich sehr viel Potential in sich tragen. Und, dass das Erlernen dieser Zeichen vielen älteren Menschen zugutekommen könnte. Weil sie, auch nach einem Schlaganfall oder mit anderen Diagnosen, welche die Sprech- und Mitteilungsmöglichkeit einschränken, eine Form der Ausdrucksfähigkeit und Autonomie behalten würden.
„Würde könnte mehr sein als ein Konjunktiv.“ In diesem Sinne wünsche ich mir, dass die einfachen Handzeichen in Zukunft vielen Menschen als Kommunikationsmöglichkeit helfen werden, den Kleinen wie den Großen.
Autorin: Barbara Köslin, Zwergensprache in Nürnberg, Altdorf und Feucht, Sozialpädagogin
Viele Eltern machen Babyzeichen hauptsächlich zuhause. Vielleicht weil sie sich komisch vorkommen, draußen mit den Händen «rumzufuchteln». Abgesehen davon, dass ich bisher immer nur im positiven darauf angesprochen wurde (es haben sich sogar schon Freundschaften deswegen ergeben), hat das Zeichen zeigen unterwegs gleich mehrere Vorteile:
- Zuhause kennt sich dein Kind schon aus, da ist es nicht ganz so spannend. Aber draußen, da ist die große weite Welt. Zeigst du hier Babygebärden, ist dein Kind mit viel mehr Aufmerksamkeit, Freude und Wissbegierde dabei und greift so die Zeichen auch viel eher auf.
- Du wirst entschleunigt: statt an das noch zu kochende Abendessen oder die Arbeit zu denken, bist du im Hier und Jetzt. Du betrachtest die Welt aus den Augen deines Kindes, nimmst wahr was um dich ist, spürst, riechst, fühlst, siehst viel intensiver > Babyzeichen führen zu Achtsamkeit.
- Zeigst du deinem Kind, was du siehst, wird dein Kind auch sehr bald anfangen, aktiv mit dir zu kommunizieren und dir mitzuteilen, was es sieht und fasziniert.
- Draußen gibt es einfach so viel mehr Möglichkeiten, verschiedenste Handzeichen in unterschiedlichsten Situationen zu zeigen. Ich habe mich über eine Strecke von 120 Metern darauf geachtet, welche Zeichen der Zwergensprache ich mache. Schaut, was dabei rausgekommen ist:
*120 Meter in der Winterthurer Altstadt*
Von der Marktgasse bis zur Ludothek sind es gerade mal 120 Meter. Und doch gibt es auf dieser Strecke sooo viel zu entdecken, bestaunen und mit Babyzeichen zu benennen.
In der Marktgasse wurde gerade die Weihnachtsbeleuchtung (LICHT) aufgehängt. In der Mitte hing jeweils ein großer STERN.
Abbiegen Richtung Spielzeuggeschäft: Im Schaufenster eines Geschäfts sitzt ein TEDDY.
Es REGNET, mein Sohn läuft in der Mitte der Straße, wo es eine Vertiefung hat, da sammelt sich das WASSER Sehr spannend, da drin herum zu HÜPFEN.
Vor dem Spielzeugladen hängen und stehen verschiedene Spielsachen zum SPIELEN. Im Schaufenster sehen wir AUTOS und einen ZUG.
Auf dem Platz hat es BÄUME. Und da landen direkt zwei Tauben (VOGEL) vor unseren Füssen. Eine pickt herum, sie hat wohl HUNGER, ist am ESSEN suchen.
Und wieder WASSER: Ich streiche über den nassen Tisch, der draußen vor dem einem Bistro steht. WASSER rinnt über die Kante. Mein Sohn schaut fasziniert zu, zeigt NOCHMAL. Also nochmal...
Wir kommen bei der Ludothek an. Ein BAGGER im Schaufenster, mein Sohn macht keinen Schritt weiter. Oje, das kann dauern :-D
Autorin: Robyn Giulia Knab, Zwergensprache in Winterthur und Zürich, Kommunikationsfachfrau
„Es liegt in der menschlichen Natur, uns anderen mitteilen zu wollen, zum einen, um verstanden zu werden, zum anderen, um ein angenehmes oder unangenehmes Erlebnis teilen und dabei aufarbeiten zu können. Der soziale Austausch tut uns gut, Geschichten regen unser Interesse an und wir mögen es, wenn uns zugehört wird. Das gelingt in einem sicheren, liebevollen Umfeld besonders gut. Unter Familie und Freunden, finden wir die optimalen Bedingungen, um über alles zu sprechen, was uns bewegt und empfinden angenehme Bestätigung, wenn wir verstanden werden. Wir bedienen uns dabei scheinbar am stärksten dem Medium Sprache, das uns allerdings erst ab etwa dem zweiten Geburtstag hinreichend zur Verfügung steht. Bedeutet das, dass dieser wohltuende Austausch erst im dritten Lebensjahr stattfinden kann?“...
Weiterlesen des Artikels:
Die weiteren, detaillierteren Ausführungen von Simone, was erfolgreiche Kommunikationserfahrungen schon im Baby und Kleinkindalter als auch in der Krippe bewirken können, lies gern hier im ausführlichen Originalartikel unter: https://www.idealismprevails.at/was-macht-fruehe-kommunikation-mit-der-kindlichen-psyche/
Autorin: Simone Kostka, Zwergensprache Kursleitung in Wien und Länderleiterin für Österreich, Autorin, Lerncoach (Legasthenie, Dyskalkulie, Aufmerksamkeitsdefizite) und Lernfördertrainerin nach EGBNV sowie diplomierte Lerndidaktikerin, Brain-Gym Kinesiologin
Unsere Zwergensprache App hat kürzlich ein Update bekommen:
- die Liedervideos wurden neu eingesungen und gestaltet,
- es gab Designanpassungen mit Bedienungsverbesserungen,
- eine komplette technische Neubearbeitung samt Stabilitätsverbesserungen und vielem mehr.
Unsere umfangreiche Familien-App zu mehr als 250 Babyzeichen und Gebärden möchte eine wertschätzende und interaktive Verständigung mit Babys und Kleinkindern von Anfang an ermöglichen - sowohl daheim als auch in Krippe, Tagesbetreuung und KiTa.
Sie soll nicht nur für Eltern und Betreuern zahlreiche Anregungen für die Nutzung und Einbindung von Handzeichen im Alltag geben, zugleich Nachschlagewerk und Wissensspeicher sein, sondern bewusst auch Geschwisterkinder einbeziehen, die noch nicht lesen können. Die Gestaltung ist daher grafisch auf Kinder ausgerichtet durch Icons, wunderschön gezeichnete Bilder und ein Bilderbuch mit Soundeffekten.
Diverse KiTas nutzen sie auf Tablets und Co. und geben uns begeistertes Feedback. Darüber freuen wir uns natürlich sehr!
Autorin: Vivian König, Zwergensprache Gründerin und Ausbilderin, Autorin, Länderleitung Deutschland, Leipzig