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Autonomie

Ein Spaziergang voller Babyzeichen-Entdeckungen

Ein Spaziergang ist nicht nur wohltuend, sondern auch eine großartige Gelegenheit, Babyzeichen spielerisch anzuwenden. Während Ihr gemeinsam Zeit verbringt und die Natur erkundet, ergeben sich viele Momente um mit eurem Baby zu kommunizieren und die Welt mit Kinderaugen zu betrachten.

Stell Dir vor, Dein Baby zeigt mit strahlenden Augen auf eine Blume. Dabei zeigst Du ihm das Zeichen für "Blume" und schon entsteht eine kleine Unterhaltung über die Wunder unserer Welt. Wie viele lassen sich wohl noch entdecken?

Wenn die warmen Sonnenstrahlen durch die Bäume scheinen, zeige Deinem Kind das Zeichen für "Sonne" und lassen es die Wärme spüren. Die Verbindung zwischen dem Zeichen und dem Gefühl der Sonnenstrahlen verstärkt das Verständnis und das Bewusstsein für die Welt, die wir mit allen Sinnen erfahren dürfen.

Hörst Du das Zwitschern der Vögel? Zeige die Gebärde für "Vogel" und lauscht gemeinsam. Dein Baby lernt schnell, dass dieses Zeichen mit dem fröhlichen Gezwitscher verbunden ist und versucht vielleicht sogar, die Geräusche nachzuahmen.

Ein gemeinsames Abenteuer der Entdeckung!

Beim Spazieren kann jeder Schritt zu einem kleinen Abenteuer werden. Dein Baby beobachtet aufmerksam die Welt und ist gespannt darauf, neue Zeichen zu entdecken und mit Dir zu teilen. Du wirst staunen, was Dein Kind alles in der Welt entdeckt. Hier ein Krabbeln, da ein Rascheln – alles ist aufregend und lädt zum Erkunden ein. Für Euch als Eltern wird der Spaziergang zu einem besonderen Erlebnis. Ihr seht die Natur mit den Augen Eures Babys und nutzt die Zeichen, um es in die Schönheit der Welt einzuführen.

Übrigens sind bewusst und kindgeleitete Momente ohne Ziel und Termindruck wertvolle Bindungszeiten, die die Bedürfnisse nach Verbundenheit und Autonomie erfüllen.

 

Autorin: Johanna Berktold, BA, Sozialarbeiterin und Sexualpädagogin im Familienzentrum, Kursleiterin für Zwergensprache und Dunstan Babysprache in Dornbirn, Vorarlberg (AT)

 

Gebärden der Zwergensprache - eine wunderschöne Hilfe für Frau K.

„Wenn Menschen nach einem Schlaganfall nicht mehr richtig oder gar nicht mehr sprechen können, ist es viel zu belastend und frustrierend und auch zu spät, die Gebärdensprache zu erlernen.
Ich denke mir, dass dafür die Zwergensprache optimal wäre. … Bitte melden Sie sich bei mir.“

Diese Worte schrieb mir die 76-jährige Frau K. im Juni letzten Jahres.

Ich war erst mal skeptisch, zumal sich die ältere Dame einen Online-Kurs zunächst nicht vorstellen konnte.
Unser erstes Telefonat war lang und intensiv und brachte die Lösung, dass wir uns wöchentlich über Skype treffen werden.
Es war ein Ausprobieren und Herantasten. Und ziemlich bald der Beginn einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte in kleinen Wundern. Wie ich finde.

Frau K. erzählte mir, dass sie bereits im Jahr 2008 (!) durch einen Zeitungsartikel auf die Zwergensprache aufmerksam geworden war.
Seit 2010 hat Frau K. Wortfindungsstörungen. Diese sind wohl die Folge einer Chemotherapie. Menschen mit einer Aphasie haben Probleme, das “passende Wort” zu finden und in einen sinnvollen Zusammenhang zu setzen. Frau K. beschreibt es auch so: „Ich weiß, an was ich denke. Aber wenn ich das Wort sagen will, fällt es mir nicht ein und ich kann es einfach nicht aussprechen.“
2017 hatte sie dann einen Schlaganfall (linkshämisphärisch). In der Zeit danach machten sich die Wortfindungsstörungen noch stärker bemerkbar.
Vor wenigen Jahren erfuhr sie von beginnendem Alzheimer. Seit 2019 erhält sie Unterstützung durch das Betreute Wohnen, u.a. in administrativen Bereichen. Denn es war schwer bis unmöglich für Frau K., Briefe zu formulieren. Ihr Selbstwertgefühl litt sehr darunter. Die Angst davor, ihre Selbstbestimmung, ihr Erinnerungsvermögen und die Sprache zu verlieren, ließen sie im Sommer 2022 schließlich Kontakt zu mir aufnehmen. Sie wollte diese einfache Form der Zeichensprache erlernen, bevor sie erneut einen Schlaganfall erleiden oder ihr Gedächtnis langsam erlöschen würde.

Wir arbeiten in sehr kleinen Schritten und Zeiteinheiten. Für Frau K. ist das Höchstleistung.
Ich erzählte ihr, was im Gehirn passiert, wenn wir sprachbegleitend Handzeichen machen. Das Konzept der Zwergensprache zielt ja u.a. auf die Vernetzung der beiden Gehirnhälften ab. Je mehr Sinnesreize stimuliert werden, je mehr Sinneskanäle angesprochen werden, desto mehr Speicherplätze im Gehirn werden in den einzelnen Gehirnregionen aktiviert und miteinander vernetzt. Das ist ganzheitliches und gehirnfreundliches Lernen.

Fr. K. hat irgendwann angefangen, den Tag mit den einfachen Handzeichen zu beginnen, die zu ihrem Frühstück passen (mit Klebezetteln auf dem Tisch für „Essen“ und „Trinken“). Sie beschreibt das so: „Und es funktioniert immer besser, meine zwei Hirnhälften morgens zu verknüpfen - das Gefühl zu haben, dass ich sie geweckt habe, gibt mir Sicherheit für den Tag, dass wenn mir ein Wort nicht einfällt, ich einfach sofort mit den Händen vor meinem Gesicht ,rumfuchtle’ und es meinem Gegenüber sagen kann.“
Fast in jeder Stunde berichtet sie mir von neuen Erfolgserlebnissen, weil sie durch das „Rumgefuchtel“ (wie sie es nennt :-)) einem anderen Menschen mitteilen kann, was sie sagen will.
Das Gestikulieren ist uns Menschen immanent und hilft ihr gerade auch in stressigen Situationen, wieder einen Fokus zu finden und dann das Wort formulieren zu können.

Oft erlebe ich sie zu Beginn der Stunde erschöpft, entmutigt oder etwas durcheinander – und immer motiviert mit mir zu arbeiten. Im Lauf der Stunde verändert sich ihr Gemütszustand zusehends. Am Ende ist sie oft sehr glücklich und wir beide auch sehr berührt, denn es ist wirklich wunder-voll Worte zu finden und Leichtigkeit zu erleben. Wir alle wollen gesehen und verstanden sein. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis, wofür wir Menschen einander uns wirklich brauchen.

Frau K. hat seit dem Sommer viele Erfolgserlebnisse im Zusammenhang mit ihrer Sprache und den Handzeichen erlebt, das gibt ihr ein gutes Gefühl. Und wirkt weit über die Sprache hinaus in andere Lebensbereiche. „Ich sauge das Positive richtig in mich auf. Die Zukunft kann kommen!“

Diese Erfahrungen zeigen, dass Gebärdensprache mit einfachen Handzeichen im geriatrischen Bereich sicherlich sehr viel Potential in sich tragen. Und, dass das Erlernen dieser Zeichen vielen älteren Menschen zugutekommen könnte. Weil sie, auch nach einem Schlaganfall oder mit anderen Diagnosen, welche die Sprech- und Mitteilungsmöglichkeit einschränken, eine Form der Ausdrucksfähigkeit und Autonomie behalten würden.

„Würde könnte mehr sein als ein Konjunktiv.“ In diesem Sinne wünsche ich mir, dass die einfachen Handzeichen in Zukunft vielen Menschen als Kommunikationsmöglichkeit helfen werden, den Kleinen wie den Großen.

Autorin: Barbara Köslin, Zwergensprache in Nürnberg, Altdorf und Feucht, Sozialpädagogin